Woche 11 – 2022 | 14. – 20. März
Montag, 14. März:
Die Woche startet mit der Sitzung des Beirats der Abschiebehafteinrichtung in Glückstadt. Wir als Fraktion haben in Kiel dazu eine Kleine Anfrage gestellt. Und das Ding kostet – allein für 2021 ergaben 1.710 000 Euro an Unterhaltungs- und Bewirtschaftungskosten!
Nach wie vor halte ich Abschiebehaft, nur um die Ausreise sicherzustellen, für nicht angemessen. Und dass – zumindest auch theoretisch – Kinder untergebracht werden können, passt mit meinem humanitären Verständnis nicht überein. Das ist unsinnig und unangemessen und hat einzig die Befriedigung der Hardliner in der CDU bedient. Das ist für mich ein weiterer Grund dafür, zu kämpfen, dass wir in unserem Land wieder Mehrheiten ohne die CDU bekommen. Das ist teure Symbolpolitik auf dem Rücken von Familien, die sich nichts zu Schulden kommen haben lassen, außer dass sie ausreisepflichtig sind.
Am späten Nachmittag fahre ich nach Pinneberg zum Pressegespräch mit den übrigen Kandidierenden. Wir sprechen über das Landtagswahlprogramm für den Kreis Pinneberg.
Für mich ist dabei wichtig: Das Bekenntnis zur Beseitigung des Schienenengpasses, der Modellversuch für die Gesundheitsversorgung, die Verbesserungen beim Katastrophenschutz, außerdem die beitragsfreie Kita und Wohnungsbau.
Abends ist Fraktionssitzung in Präsenz im Elmshorner Rathaus. Es geht um die Vorbereitung der Kollegiumssitzung, aber auch um erste Informationen zur Aufnahme und Versorgung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in der Stadt.
Dienstag, 15. März:
Heute tagen wieder die Fraktionsgremien – alles digital.
Wir bereiten die Landtagssitzung vor und legen unsere Schwerpunkte fest. Es geht uns diesmal um gute Familienpolitik.
Außerdem auch Thema sind die Ukraine-Flüchtlinge. Ich finde, die Regierung ist da zu zurückhaltend. Daher haben wir eine Sondersitzung des Bildungsausschusses beantragt sowie Berichte im Innen- und Finanzausschuss.
Das Kabinett verabschiedet heute einen Nachtragshaushalt und stellt erstmal zehn Millionen Euro bereit. Das wird überhaupt nicht reichen, warum agiert Jamaika mal wieder so zögerlich?
Weiterhin Thema: Die zu erwartenden Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zur Corona- Pandemie. Ich finde: Durch das neue Infektionsschutzgesetz gibt es keinen Automatismus, dass ab Sonntag, 20. März, alle wesentlichen Schutzmaßnahmen wegfallen. Der Bund gibt die Entscheidung an die Länder. Angesichts der hohen Infektionszahlen, auch in Schleswig-Holstein, haben Vorsicht und Gesundheitsschutz für mich weiter Priorität. Unsere Nachbarländer Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg wollen ihre aktuell geltenden Corona-Regeln bis 2. April verlängern. Die Landesregierung sollte diesem Beispiel folgen. Denn die Pandemie ist nicht vorüber – sie ist wegen des schrecklichen Krieges und den Folgen etwas aus dem Blickfeld der Menschen geraten. Das darf der Politik aber nicht passieren.
Mittwoch, 16. März:
Vormittags ist Sitzung des Arbeitskreises Innen und Recht – nach wie vor digital.
Wir können uns auf einen gemeinsamen Antrag zum Thema Katastrophenschutz einigen. Ich hätte mir gerade in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Bund und anderen Ländern noch mehr gewünscht, aber trotzdem ist schon viel drin! Jetzt muss die Landesregierung dafür sorgen, dass es ausreichen Geld und auch Menschen gibt, die die ehrgeizigen Pläne umsetzen können – da ist Jamaika gerade schlecht unterwegs!
Am Nachmittag wird bei uns Geburtstag meines Mannes gefeiert.
Am Abend bin ich zu Gast bei der digitalen Sitzung der SPD-Kreistagsfraktion Pinneberg. Einziges Thema: Unterbringung und Versorgung der Ukraine-Flüchtlinge.
Seit Montag steht die Notunterkunft in Wedel – das ehemalige Krankenhaus – für 270 Menschen bereit. Die Kapazität kann noch aufgestockt werden. Ich frage mich, ob das reichen wird. Und dann ist auch noch der Wohnraum im Kreis knapp. Unsere Städte und Gemeinden sind gerade extrem gefordert!
Die Sorge bei der Kreisverwaltung: Wer trägt die Kosten? Da werden klare und eindeutige Zusagen der Landesregierung erwartet – und nicht nur Versprechen im Zuge des Wahlkampfes. Auch die Ausländerbehörde ist gefordert, denn die Flüchtlinge können sich direkt beim Kreis registrieren lassen.
Donnerstag, 17. März:
Der Finanzausschuss trifft sich zur Sitzung. Auch hier sind die Flüchtlinge Thema.
Das Finanzministerium ist beleidigt über die Kritik, dass es nicht genügend Geld gebe und „zaubert“ weitere 38 Millionen Euro herbei.
Unterdessen sind die Landesunterkünfte bereits voll – wobei hier mal deutlich gesagt werden muss, dass es nur rund 3800 Plätze sind. Jetzt werden für fünf Millionen Euro Container gemietet.
Ich finde: Im Jahr 2015 hat die schleswig-holsteinische Landesregierung sehr davon profitiert, dass früh in Szenarien gedacht und geplant wurde. Wir waren dadurch besser als andere Länder auf die schnell steigende Zahl von Geflüchteten vorbereitet. Das müssen wir heute wieder tun. 12 Millionen Menschen sind bereits heute in der Ukraine direkt vom Krieg betroffen. Laut UNHCR haben drei Millionen die Ukraine verlassen und halten sich in Europa auf. Dazu kommen 1,85 Millionen Binnenflüchtlinge. Die Zahlen verdeutlichen, dass wir darauf vorbereitet sein müssen, dass sogar deutlich mehr Geflüchtete nach Schleswig-Holstein kommen werden als 2015. Damals waren es 35 000 Menschen. Wir sollten unsere Planung jetzt in einem ersten Schritt mindestens auf diese Größenordnung einstellen, um vor die Lage zu kommen. Die Zahlen zu unterschätzen wäre der wesentlich größere Fehler als sie zu überschätzen.
Das drängendste Problem wird der Wohnraum. Aktuell hilft uns das private Engagement vieler Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Es ist aber absehbar, dass die Unterbringung bei Freiwilligen keine dauerhafte Lösung darstellt. Schnellstmöglich müssen neue Unterbringungsmöglichkeiten im großen Maßstab geschaffen werden. Die Kommunen brauchen vom Land entsprechende Planungsszenarien, damit sie sich gut aufstellen können. In vielen Kommunen ist bezahlbarer Wohnraum sehr knapp. Deshalb waren viele Plätze in den Unterkünften bereits vor der Ankunft der Menschen aus der Ukraine von Geflüchteten aus den Jahren seit 2014 belegt. Das zeigt, dass wir deutlich mehr in bezahlbaren Wohnraum investieren müssen. Diese Aufgabe wird jetzt noch wichtiger.
Die zweite große Herausforderung ist die rasche Registrierung der Geflüchteten. Wir müssen wissen, wie viele Menschen in welchem Kreis ankommen. Unser Ziel muss sein, schnellstmöglich genügend Kita- und Schulplätze bereitzustellen und die Integration in den Arbeitsmarkt zu organisierten. Um das zu stemmen, müssen wir auch wissen, wie viele Erzieherinnen und Lehrerinnen unter den Geflüchteten sind, die wir in die Betreuung der geflohenen Kinder einbeziehen können. Die Arbeitsbereitschaft unter den Menschen aus der Ukraine ist sehr hoch. Umso wichtiger ist, dass wir ihre Kompetenzen jetzt gut nutzen und die richtigen Jobs an die richtigen Menschen vermitteln. Hier müssen wir die Grundlagen schaffen, damit die Jobcenter und Arbeitsagentur steuern können.
Außerdem verabschiedet Jamaika ein nicht verfassungsgemäßes Gesetz zur Beamtenbesoldung.
Nachmittags nutze ich die Zeit für Aktenstudium und mache Ordnung auf dem Kieler Schreibtisch.
Abends ist eine besondere Veranstaltung im Landeshaus: Beim Länderabend steht Frankreich im Mittelpunkt. Die französische Botschafterin Anne-Marie Descôtes ist zu Gast im Landtag. Im Mittelpunkt steht die französische Ratspräsidentschaft und die aktuelle politische Lage. Eines der wichtigsten übergeordneten Ziele sei der Aufbau europäischer Souveränität, sagt die Botschafterin vor rund 80 Gästen im Plenarsaal: „Eine starke Europäische Union ist eine EU, die den Krisen gewachsen ist.“ Mit Blick auf die Ukraine sagt die Botschafterin: „Uns allen ist klar, dass der Krieg ein Wendepunkt ist und auch für unser europäisches Projekt große Veränderungen mit sich bringen wird.“
Freitag, 18. März:
Der Tag beginnt mit einem Besuch in der Familienbildungsstätte in Elmshorn. Unser Thema: die – ziemlich angespannte – Situation der Geburtshilfe. Meine Forderung: Da muss mehr Geld ins System, um bedarfs- und sachgerechte Betreuung von schwangeren Frauen gewährleisten zu können! Und es ist wirklich unmöglich, dass man dies in den heutigen Zeiten einfordern muss.
Anschließend fahre ich nach Neumünster. Meine Abgeordnetenkollegin Kollegin Kirsten Eickhoff-Weber hat eingeladen zum Thema „Blaulichtcampus“. In Neumünster steht mit dem Gelände der ehemaligen Hindenburg-Kaserne ausreichend Platz zur Verfügung, um zusätzliche Angebote für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen des Katastrophenschutzes installieren zu können. Hier gibt es echt Möglichkeiten!
Dann ergibt sich eine spontane Terminänderung: Serpil Midyatli kann wegen eines familiären Notfalls nicht an der Podiumsdiskussion des DBB in Kiel teilnehmen. Ich springe ein und fahre hin. Die Veranstaltung ist ohne Publikum und wird live gestreamt.
Und dann fahre ich gleich weiter nach Glückstadt zu einer Veranstaltung meiner Kollegin Gerlinde Böttcher-Naudiet und der AsF zum Thema „Ökonomische Gleichstellung“ – auch bekannt als „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und #EqualPayNOW.
Ich berichtete aus der Landtagsarbeit über Fortschritte bei der Offenlegung ungerechtfertigter Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern. Dass die Einführung des Mindestlohns bereits deutlich zur Angleichung von Löhnen beigetragen hat, liegt leider vor allem an der Überrepräsentanz von Frauen im Niedriglohnsektor begründet! Außerdem ist ein bekannter Effekt der Coronapandemie, dass Frauen beruflich kürzer treten und Einbußen bei Gehalt und Rentenansprüchen hinnehmen mussten. Weitere Diskussionspunkte: Gender-Budgeting – die geschlechtergerechte Verteilung öffentlicher Mittel – und die Notwendigkeit von Parität in den Parlamenten.
„Raus mit den Männern aus dem Reichstag“ hatte Claire Waldorff schließlich schon 1926 gesungen. Dies und andere Lieder aus Frauen-, ArbeiterInnen- und Friedensbewegung trägt die großartige Anna Haentjens heute Abend vor. Besonders bewegend finde ich ihre Version von „Im nächsten Frieden“ von Karat!
Zu Gast sind auch einige geflüchtete Frauen aus der Ukraine, die im SPD-Kreisverband Unterkunft gefunden haben. Kriegsnot und Hilfsbereitschaft hautnah!
Sonnabend, 19. März:
Am Vormittag ist eine digitale Kommunale Konferenz der Kreistagsfraktion zu den Themen Kita-Finanzierung und Wohnungsbau.
Es fehlen Investitionsmittel für den KitaBau in den Städten und Gemeinden – die Aufgabe wird nicht kleiner. Toll: Die SPD-Kreistagsfraktion schlägt ein eigenes Kreis-Förderprogramm mit 10 Millionen Euro vor, damit bereits wenigstens bereits fertig geplante Projekte realisiert werden können.
Nachmittags ist Start der Haustürgespräche. Ich bin mit dem Genossen Ulli Lenk und Mats Hansen in einigen Straßen in der Siedlung unterwegs.
Sonntag, 20. März:
Bei strahlendem Frühlingswetter bin ich in Rellingen beim Frühlingsempfang des Kreisverbands mit Serpil Midyatli. Ein toller Auftakt für letzte Phase des Wahlkampfs.
Nachmittags geht es wieder von Tür zu Tür in der Elmshorner Siedlung.