Woche 25 – 2020 | 15. – 21. Juni
Montag, 15. Juni:
Die Arbeitswoche beginnt am Schreibtisch. Wenn die Tagesordnung der Landtagsdebatten so bleibt, müsste ich vier Reden halten. Die sollen ja geschrieben werden.
Außerdem habe ich am späten Nachmittag eine Videokonferenz mit unserem geschäftsführenden Fraktionsvorstand. Da sprechen wir auch über die Aktion der Bauern bei den Protesten in Nordfriesland. Ich finde, das muss Konsequenzen haben. Die Bauern hatten mit ihren Treckern die Flagge der Landvolk-Bewegung nachgebildet – einem Pflug als Zeichen für die Landwirtschaft, einem Schwert als Zeichen für den Kampf. Vor rund hundert Jahren war diese Bewegung für Bombenanschläge in Schleswig-Holstein verantwortlich. Sie gilt als nationalistisch, antisemitisch und völkisch. Das geht gar nicht!
Abends ist Video-Konferenz der Elmshorner Fraktion – hier geht es unter anderem um die Nachfolgenutzung für das Möbelhaus „Roller“ am Franzosenhof und einen Vorschlag für die Knechtschen Hallen.
Dienstag, 16. Juni:
Ich muss früh aus den Federn, denn ab 10 Uhr startet die Fraktionssitzung in Kiel. Die dauert dann samt Mittagspause vier Stunden. Das liegt daran, dass die Tagesordnung 75 Tagesordnungspunkte umfasst.
Nach der Fraktionssitzung ist noch Vorstandssitzung des Kulturforums im Landeshaus. Wir sprechen über das Konjunkturprogramm und Auswirkungen für Kulturschaffende – dazu gibt es auch einen Antrag von uns.
Erst nach 21 Uhr komme ich im Hotel an.
Mittwoch, 17. Juni:
Die Sitzung beginnt mit der Erinnerung an den Volksaufstand in der DDR 1953. Bis 1989 war der Tag gesetzlicher Feiertag. Jetzt müssen wir aufpassen, dass die Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten.
Erster Tagesordnungspunkt: Unsere in drei Anträgen zu den ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und menschenunwürdigen Unterkünften in der Fleischindustrie:
- Schluss mit Werkverträgen in der Fleischindustrie – Gute Arbeitsbedingungen durchsetzen!
- Prekäre Wohnsituation von Arbeitskräften in Schleswig-Holstein beenden!
- Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen der Freizügigkeit wahren und Neuregelungen der EU-Entsenderichtlinie in Schleswig-Holstein umsetzen!
Die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen müssen umfassend und in quasi allen Politikbereichen angegangen werden! Die schwarze Ampel folgt uns nicht, schiebt alle Verantwortung auf den Bund ab. Das ist zu wenig – und schon wieder nicht sachgerecht. Auch wir hier im Norden können handeln. Hier wurde eine Chance vertan!
Anschließend diskutieren wir über das neue, üble Polizeigesetz: Schüsse auf Kinder und Fußfesseln zur Gefahrenabwehr sind nicht das, was wir uns unter sachgerechten und wirkungsvollen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vorstellen. Das machen wir nicht mit!
In der Mittagspause tagt der Innen- und Rechtsausschuss und befasst sich mit der Anhörung zum Badesicherheitsgesetz. Die schwarze Ampel will mit dem Gesetzesentwurf mehr Rechtssicherheit bei der Ausweisung und dem Betrieb von Badestellen schaffen, denn seit 2017 gibt es da Unsicherheiten durch ein BGH-Urteil.
Die Koalition will mit Kopf durch die Wand und mal eben noch weitreichende Reglungen für die Wasserrettung mit aufnehmen – das geht so nicht! Wir wundern uns über das Verfahren, denn es soll alles in drei Tagen entschieden werden. Trotzdem konnten wir eine Anhörung durchsetzen.
Im Vorfeld gibt es Streit zwischen den Hilfsorganisationen – das eskaliert im Ausschuss. So geht das nicht: Die Sommerpause sollte die schwarze Ampel nutzen und vor allem die Ehrenamtlichen wieder zusammenbringen. Es kann nicht sein, dass wegen des stümperhaften Schnellschusses die Rettungsorganisationen aufeinander losgehen. Jeder, der an der Anhörung im Innen- und Rechtsausschuss teilgenommen hat, musste feststellen, dass das Tischtuch zwischen DLRG und der Freiwilligen Feuerwehr zerschnitten ist. Die schwarze Ampel verzichtet dann auf den umstrittenen Paragrafen.
Am Nachmittag weitere wichtige Debatten. Es geht auch um die Anhebung unser Abgeordnetendiäten. Muss dies sein, fragen sich vielleicht einige von Euch. Bei der Anpassung der Diäten hat der Landtag bereits in der Vergangenheit ein Verfahren gewählt, bei dem die Diäten an die allgemeine Einkommensentwicklung des Vorjahres gekoppelt werden. Das gilt in beide Richtungen: In 2019 sind die Durchschnittseinkommen gestiegen, entsprechend steigen in diesem Jahr die Diäten. Sollten die Durchschnittseinkommen in diesem Jahr durch die Folgen der Corona-Krise sinken, werden im kommenden Jahr auch die Diäten sinken.
Altersversorgung – darum geht es uns: Wir haben im Landtag im Juni 2018 eine unabhängige Kommission mit einem Vorschlag zur Reform der Alterssicherung beauftragt. Die Alterssicherung muss so ausgestaltet sein, dass die Entscheidung von Bürgerinnen und Bürgern für eine Kandidatur, für die Übernahme oder Aufgabe eines Mandats unabhängig von ihrem beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergrund und unabhängig von finanziellen Sorgen und Erwägungen getroffen werden kann. Die freie Mandatsausübung setzt die politische aber eben auch die finanzielle Unabhängigkeit voraus zu der, so die Kommission, auch die angemessene Altersversorgung zählt. Diese muss geeignet sein, Versorgungslücken zu schließen, die durch die Abgeordnetentätigkeit entstehen. Dabei ist das Gleichbehandlungsgebot aller Abgeordneten zu berücksichtigen. Das bisherige System kann dies nicht.
Donnerstag, 18. Juni:
Wir debattieren lange über die Wirtschaftshilfen in der Corona-Pandemie. Unser Antrag, den Schiffbau zu unterstützen und öffentliche Aufträge vorzuziehen ist erfolgreich. Sogar die schwarze Ampel schließt sich an.
Außerdem: Firmen und Konzerne, die Staatshilfen erhalten, dürfen keine Dividenden auszahlen – was nur gerecht ist.
Am Vormittag halte ich meine Rede zur geschlechtergerechten Sprache. Im Jahre 2020 ist es peinlich, dass ich darauf noch hinweisen muss.
Anschließend wird die Datenschutzbeauftragte Marit Hansen einstimmig wiedergewählt. Marit Hansen zeichnet sich durch ihre hohe fachliche Expertise, ihre ruhige und besonnene Art, aber auch durch die notwendige Hartnäckigkeit bei ihrer schwierigen Aufgabe des Schutzes unser aller Persönlichkeitsrechte aus. Gerade in einer Zeit, in der es sowohl Firmen als auch staatliche Stellen mit diesen offenbar nicht so genau nehmen, ist das wichtiger denn je! Deshalb ist sie genau die richtige Wahl für die Funktion der Landesdatenschutzbeauftragten.
Nachmittags beginnt eine Debatte zur Aufarbeitung der Kolonialgeschichte in Deutschland und Schleswig-Holstein. Die AfD erdreistet sich und stellt die deutsche Kolonialgeschichte als nicht so schlimm dar. Was für eine Frechheit! Das Kaiserreich hat übel gewütet und die Bevölkerung diskriminiert in den Kolonialgebieten. Das ist Fakt. Für mich ist dies ein wichtiges Thema, denn ich habe Freunde in Namibia und war wiederholt im Land unterwegs. Seit meiner ersten Reise beschäftige ich mich mit der Geschichte.
Danach geht es um einen weiteren Aufreger: die fehlende Entgeltgleichheit. Auch peinlich, darüber noch 2020 reden zu müssen.
Die Sitzungen enden früher als erwartet. Ich nutze die Zeit und gehe schwimmen im Hotel – herrlich.
Abends ist die Geburtstagsfeier von meiner SSW-Abgeordnetenkollegin Jette Waldinger-Thiering – mit Abstand in der „Seebar“.
Freitag, 19. Juni:
„Mit Wumms aus der Krise“ – so lautet unser Antrag zum Thema Konjunkturprogramm und Wirtschaftshilfen. Und dazu gibt es jetzt eine Debatte. Wie wir feststellen, bremst die schwarze Ampel unsere Ideen aus. Das ist nicht sachgerecht und wird üble Folgen haben. Sorgen macht uns übrigens auch die Situation der Auszubildenden. Deshalb wollen wir einen Schutzschirm für die berufliche Bildung. Außerdem gibt es am Vormittag noch Diskussionen über Corona-Tests für Mitarbeiter in sozialen Berufen.
Den Berichtsantrag über die Auswirkungen der Steuerschätzung hat die schwarze Ampel zurückgezogen. Was zur Folge hat, dass ich eine Rede weniger halten muss. Schade.
Weil sich die Tagung hinzieht, verzichtet Jamaika auch auf Debatte zum Badesicherheitsgesetz – was denen sehr entgegen kommt, nach dem Eklat, den sie verursacht haben. Sehr enttäuscht sind auf der Tribüne die Vertreter von Feuerwehr und DLRG, die die Debatte verfolgen wollten. Das ist aber eine gute Gelegenheit für mich: Ich gehe mit ihnen Kaffeetrinken und unterhalte mich über dieses Thema.
Anschließend habe ich noch ein langes Gespräch mit meiner Abgeordnetenkollegin Katrin Bockey über Polizeithemen.
Ich bin erst spät zu Hause – und freue mich über meinen Garten, wo inzwischen die Rosen blühen.
Sonnabend, 20. Juni:
Wie schön: Zum ersten Mal nach fast drei Monaten treffen wir Freunde zum Kaffee und gemeinschaftlichen Marktgang!
Am Nachmittag freue ich mich über eine tolle Aktion unseres Ortsvereines: Wir radeln zu den neuen Baugebieten in Elmshorn. Es ist gar nicht so einfach, dabei die Corona-Regeln einzuhalten, aber wir trauen uns trotzdem. Zehn Personen fahren dann mit Abstand durch die Stadt.
Abends grillen wir auf der Terrasse.
Sonntag, 21. Juni:
Heute ist Familientag.